Aktuelle Rechtsprechung: Wegfall des Testamentsvollstreckers und Ernennung eines Ersatzvollstreckers
1. Was passiert, wenn der benannte Testamentsvollstrecker das Amt nicht annimmt?
Wenn der vom Erblasser benannte Testamentsvollstrecker das Amt nicht annimmt, stellt sich die Frage, ob das Nachlassgericht automatisch einen Ersatzvollstrecker bestimmen kann.
2. Fallbeispiel 1
Eine Frau setzt in ihrem handschriftlichen Testament einen Bekannten als "Nachlassverwalter" ein. Nach ihrem Tod weigert sich der Bekannte, das Amt des Testamentsvollstreckers anzunehmen. Die Erben sind der Ansicht, dass die Anordnung nicht eindeutig ist und der Bekannte nicht neutral genug ist. Das Nachlassgericht setzt daraufhin einen anderen Testamentsvollstrecker ein, was zu einer Beschwerde der Erben führt.
3. Wie entscheidet das Gericht in solchen Fällen?
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in einem Beschluss vom 10.2.2022 (I-10 W 107/22) klargestellt, dass das Nachlassgericht nicht ohne explizite Aufforderung des Erblassers einen Ersatzvollstrecker ernennen kann, wenn der benannte Testamentsvollstrecker das Amt nicht annimmt. Es obliegt dem Erblasser, Vorsorge zu treffen, falls der benannte Testamentsvollstrecker das Amt ablehnt oder vorzeitig beendet. Eine Ernennung durch das Nachlassgericht ist nur vorgesehen, wenn der Erblasser dies explizit in seinem Testament verlangt hat.
4. Fallbeispiel 2
Ein Mann benennt in seinem Testament einen Freund als Testamentsvollstrecker. Nach seinem Tod lehnt der Freund das Amt ab. Da im Testament keine ausdrückliche Bitte an das Gericht zur Ernennung eines Ersatzvollstreckers enthalten ist, kann das Nachlassgericht nicht eigenständig einen Ersatzvollstrecker bestimmen.
5. Handlungsanweisung
Wenn Sie einen Testamentsvollstrecker benennen, stellen Sie sicher, dass Sie im Testament klar festlegen, was geschehen soll, wenn der benannte Testamentsvollstrecker das Amt nicht annimmt. Falls Sie möchten, dass das Nachlassgericht im Falle des Wegfalls des Testamentsvollstreckers einen Ersatz bestimmt, muss dies ausdrücklich im Testament vermerkt sein.
Ihr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht
Christian Keßler
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